“Mum, I think I just lost my second tooth.”

Oh nee,man. Muss das jetzt sein. Ich schaue in den Rückspiegel und sehe Valentin, der sich im Mund rumpuhlt. Was macht man, wenn man gerade auf dem Freeway unterwegs ist und eine Möglichkeit sucht, den wertvollen Milchzahn zu verstauen um ihn dann in der folgenden Nacht bei der Zahnfee gegen ein Hotwheel car oder ähnliches Kleinspielzeug einzutauschen ?

Ausserdem, warum spricht Valentin eigentlich schon wieder Englisch mit mir ?? Er hat definitiv Gefallen daran gefunden zwischen den Sprachen hin und herzuwechseln. Und er ist mittlerweile richtig gut. So gut, dass Frau Piperis, seine Klassenlehrerin, seine Unterrichtsleistung wie alle Muttersprachler der Klasse bewertet, ohne Sonderreport. Ich habe mich geschmeichelt gezeigt, bedankt, gelächelt und die Zähne zusammengebissen. Was Frau Piperis noch nicht weiß; wir gehen wieder zurück nach Deutschland. Und der Kloß im Hals, bei solchen Komplimenten, ist groß.

Wir haben uns gewunden. Wochenlang. Immer wieder die selben Diskussion: Bleiben? Noch ein bisschen ? Zurückgehen, wozu ? Wohin überhaupt?

Tatsache ist, dass ich seit Anfang diesen Jahres versuche einen Job in der Neurologie zu finden. Fachärztin bin ich noch nicht. Hier fangen dann auch die Schwierigkeiten an. An sich hätte Westaustralien sehr gerne Neurologen. Denn insgesamt gibt es nur 30 aktive Neurologen. Aber die medizinischen Systeme sind unterschiedlich, insbesondere in der Ausbildung. Außerdem ist es außerhalb der Anästhesie nicht usus, dass internationale Ärzte hier quereinsteigen. Die Ostküste ist wahrscheinlich etwas offener. Es hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert bis ich endlich zu meiner Hospitation kam, die mir in aller Deutlichkeit zeigte, dass ich nicht bereit bin, entweder wieder ganz von vorne anzufangen ( da meine bisherige Weiterbildung hier nicht anerkannt wird), die Branche zu wechseln oder zur Hausfrau zu mutieren. Ich mag meinen Job. Ich vermisse meine Neuro-Patienten. Sehr.

Philip weiß das. Und er hält sich an die Abmachung. Er hat sein Fellowshipjahr bekommen. Und trotzdem. Anstatt triumphal nach Deutschland zurück zu kehren, werden wir mit dem fahlen Beigeschmack gehen, dass er für die Fortsetzung meiner Weiterbildung eine äußerst begehrte und gutbezahlte Oberarztstelle ausgeschlagen hat. Denn anders als ich, hatte Philip keinerlei Schwierigkeiten in seiner Abteilung durchzustarten und so wurde er rasch dazu ermutigt sich auf eine Oberarztstelle zu bewerben.

Noch ist noch nichts organisiert, es steht bisher nur der Beschluss. Es fällt ein bisschen schwer sich an eine Aufgabe zu machen, die rational und noch nicht ganz emotional gefällt wurde.

Mittlerweile habe ich ein Taschentuch im Seitenfach gefunden und halte es Valentin hin.

“Ops, I think it`s just a piece of apple, mum. Look !“ Puh Glück gehabt, denn noch hat die Zahnfee kein Geschenklein für den zweiten Zahn besorgt.


Entdecke mehr von Von Hamburg nach Perth

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Entdecke mehr von Von Hamburg nach Perth

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen