Es würde mich kein bisschen wundern, wenn das Recht auf ein Personenkraftfahrzeug im australischen Grundgesetz verankert ist. Es geht hier NICHTS, wirklich GAR NICHTS ohne ein eigenes Auto. Es ist nicht so, dass es hier nicht auch öffentliche Verkehrsmittel gibt, tatsächlich gibt es nur wenige Meter von unserem Heim entfernt eine Bushaltestelle, von der man aus direkt (!) in das Stadtzentrum von Perth fahren kann….es dauert lediglich 50 Minuten, was wiederum diese Option leider unattraktiv für das tägliche Pendeln werden lässt. Wenn man dann noch umsteigen muss, wie es in Philips Fall so ist, dann wäre er ca 1,5 – 2 Stunden oneway unterwegs. Die Attraktivität der Öffis sinkt dann nochmal erheblich bei der Vorstellung sich nach einem 10 Stunden Arbeitstag für 2 Stunden in den Bus zu setzen, vorallem wenn man in 15-20 Minuten zuhause sein könnte.
Es gab lange Diskussionen, wie wir diesen Umstand im Alltag am Besten meistern: Einer mit dem Auto, der andere mit dem Fahrrad oder doch sogar zwei Autos, aber dann kommt ja noch der Feierabendverkehr aus der Stadt raus dazu mit jede Menge Stau…Nicht zu Letzt versuchen wir unsere Kinder zu umweltfreundlichen Menschen zu erziehen. Es widerstrebte mir also sehr mich für eine Zwei-Auto-Lösung zu entscheiden, jedoch war die Vorstellung nur noch mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, und sämtliche Ausflüge auf die Wochenenden zu verschieben auch nicht wirklich sinnvoll, schließlich waren wir ja hier um Australien kennen zu lernen. Philip sah somit seine Chance, ENDLICH, gekommen: Ein Auto, ein Motorrad.
Seither schicke ich jeden Morgen ein kleines Stoßgebet himmelwärts, dass der Mann wieder im Ganzen nach Hause kommt. Es ist nicht alleine die fehlende Knautschzone und die Abhängigkeit von der Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer, sondern auch der Linksverkehr. Wir sind nun mal Rechtsverkehr gewohnt. Erst vor zwei Tagen ist es mir passiert, dass ich laut schimpfend und abgelenkt von der streitenden Rückbank, in einen Kreisverkehr rechtsrum reingefahren bin und mich direkt vor dem Kühlergrill eines 4 x 4 Jeeps befunden habe. Dabei dachte ich, dass ich mich mittlerweile an die „falsche“ Seite bereits gewöhnt hatte. Die restliche Heimfahrt verlief dann mucksmäuschenstill und es gab keine „Babyauto“ Zwischenrufe von hinten.
Der Begriff Babyauto wurde von Valentin und Mascha erfunden um solche Autos wie unseres zu benennen und während der Autofahrt zu zählen. Deutsch wie wir sind haben wir uns für einen silbernen Astra-Kombi als Familienkutsche entschieden der Marke Opel ( oder wie sie in Australien heißt: Holden ). Der gemeine Perther hat jedoch eine Vorliebe für große Autos. Und da meine ich nicht so einen bescheidenen X3 oder X5 von BMW. Nein, ich spreche von so richtig groß, sowas wie Toyota Hilux oder VW Amarok. Das sind die Dinger, die VW baut, von denen in Deutschland kein einziges verkauft wird und man schier eine Tankstelle leertanken kann. Was jedoch nicht schlimm ist, denn ein Liter Super kostet eben nur 1€, wenn man dienstags tankt…mal den europäischen Umweltgewissen beiseitegeschoben. Valentin klappte die Kinnlade auf den Boden und konnte sich kaum mehr einfangen, aus seiner Perspektive sind diese PKWs wahre Monstertrucks.
Zugegeben, außerhalb von Perth gibt es tatsächlich sowas wie eine Daseinsberechtigung für diese Fahrzeuge. Denn keine 30 Kilometer von der Stadt entfernt beginnt das Outback und die Straßen werden als 4×4 oder 2×2 fahrbar ausgeschildert. Mit einem 2×2 Auto wie unserem schnuckeligen Astra Kombi will man auf keiner 4×4 Straße fahren oder es nur mal ausprobieren. Die Wartezeit für den Abschleppdienst kann hier sehr lange sein.
Aber die Vorstellung mal im Outback unterm Sternenhimmel zu übernachten oder am Strand entlangzufahren, einen der Nationalparks tief im Hinterland versteckt zu besuchen, im Dach Zelt zu campen und die Weiten dieses Landes zu erkunden…ich hätte nie dacht, dass ich das mal so sagen würde, aber : lass uns den langweiligen Kombi verkaufen! Ich will so ein Riesenauto, so ein 4 x 4 Jeep ! Aber so richtig Groß !!!
